Europäisches Statistisches System und Internationale Zusammenarbeit












6.3 Gesetzliche Grundlagen der europäischen Statistik (1/5)

Den übergeordneten rechtlichen Rahmen für die europäische amtliche Statistik bilden die folgenden drei Elemente:
  • der Vertrag von Lissabon
  • die EU-Statistikverordnung (diese konkretisiert den Lissabon-Vertrag)
  • die statistischen Mehrjahresprogramme
Daneben gibt es eine Vielzahl von fachspezifischen Rechtsakten.
Der Vertrag von Lissabon
Der Vertrag von Lissabon aus dem Jahr 2009 legt in einem eigenen Statistikartikel die Kompetenz der Union für die Erstellung europäischer Statistiken fest und sieht vor, dass das Europäische Parlament und der Rat der EU gesetzliche Maßnahmen für die Erstellung von Statistiken verabschieden können (Kompetenz zur Erstellung europäischer Statistiken). Somit ist die amtliche Statistik fest im Primärrecht der EU verankert.

Statistikartikel im EU-Vertrag


Erstmals wurde der Statistikartikel in den Vorgängervertrag von Amsterdam aus dem Jahr 1997 aufgenommen. Seitdem blieb er unangetastet in den EU-Verträgen und erfuhr auch keine inhaltlichen Änderungen. Er ist seit seiner Existenz – als lex specialis – die Rechtsgrundlage für den Erlass von Rechtsakten in der Statistik für die Europäische Union und dokumentiert
  • die Kompetenz der Europäischen Union zum Erlass allgemeinverbindlicher Statistikregelungen und
  • die hohe Bedeutung, die der amtlichen Statistik und vor allem ihrer Unabhängigkeit zukommt.

Primärrecht


Das Primärrecht bildet die zentrale Rechtsquelle des Europarechts im engeren Sinn. Es besteht aus den zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Verträgen (Gründungs-, Revisions- und Beitrittsverträgen). Die wichtigsten primärrechtlichen Verträge sind heute der Vertrag über die Europäische Union und der AEUV, auch die Verträge genannt. Daneben ist auch der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom-Vertrag) noch immer gültig.

Artikel 338 AEUV:

  1. Unbeschadet des Artikels 5 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank beschließen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen für die Erstellung von Statistiken, wenn dies für die Durchführung der Tätigkeiten der Union erforderlich ist.
  2. Die Erstellung der Unionsstatistiken erfolgt unter Wahrung der Unparteilichkeit, der Zuverlässigkeit, der Objektivität, der wissenschaftlichen Unabhängigkeit, der Kostenwirksamkeit und der statistischen Geheimhaltung; den Mitgliedstaaten dürfen dadurch keine übermäßigen Belastungen entstehen.
Der Vertrag von Lissabon brachte Änderungen, die auch Auswirkungen auf die amtliche Statistik haben:
  • die Stärkung der Kommission, die eine direkte Rechtssetzungsbefugnis erhält und
  • die Neudefinition der qualifizierten Mehrheit zur Verabschiedung statistischer Rechtsakte.